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Biologie

Egoismus liegt in deiner DNA

Als ich mich vor ein paar Jahren auf mein zukünftiges Bachelorarbeitsprojekt vorbereitete, fiel mir in einem Text ein Term auf, den ich noch nie gesehen hatte: 'eigennützige DNA'. Wir Menschen sind offensichtlich unschlagbar, wenn es darum geht, menschliche Attribute auf andere Dinge zu übertragen. Märchen sind das beste Beispiel dafür. Nur dort findet man den 'bösen' Wolf, die 'weise' Eule, oder das 'treue' Ross auf einem Haufen. Wenn man es sich genau überlegt, stellt sich die Realität aber wohl anders dar, denn der Wolf besorgt sich lediglich etwas zu fressen, die Eule sucht vermutlich einfach etwas zu fressen und das Ross ist schlau genug, um zu wissen, wer sich um sein Fressen kümmert. Tatsächlich ist das, was sie tun weder 'böse', noch 'weise' oder 'treu' - vielmehr funktioniert es einfach, weil sie weiterhin 'sind'.

Woran liegt es also, dass wir nun Eigennützigkeit in etwas so leblosem wie DNA sehen? Die hauptsächliche Aufgabe von DNA ist es, Information aufzubewahren und bei Bedarf wiederzugeben. Sie besteht aus den vier Basen Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin, oder in kurz A, T, G und C. In der richtigen Reihenfolge aneinandergereiht ergeben (auf Schlau würde man 'kodieren' sagen) diese Basen nützliche Information. Die bekanntesten Beispiele dafür sind Proteine, die anschließend arbiträre Aufgaben in der Zelle übernehmen. Falls man diese Proteine als Befehle betrachten wollte, so müssten manche "Die Zelle bewegen!", andere sollten "Mit der Nachbarzelle kommunizieren!" und wiederum weitere würden "Diese fremdartigen Moleküle zerstören!". Über dieses Prinzip (und viel mehr weiteren Dingen, von denen ich nichts verstehe) werden du und ich am Leben gehalten. So können wir weiter denken, lesen, schreiben, essen - naja, weiter 'sein'.

Es gibt Proteine ("Befehle") für so ziemlich alles in der Zelle und alle basieren auf der jeweiligen Sequenz der Basen A, T, G und C in der DNA. Nun ist bekannt, dass DNA mutieren kann, wodurch eine Base durch eine andere ausgetauscht wird. Weiterhin ist bekannt, dass DNA im Rahmen der Reproduktion vermischt und neu zusammengesetzt wird. Was wäre also, wenn urplötzlich eine DNA-Sequenz den Befehl "Kopiere und füge mich woanders in der DNA wieder ein!" geben würde? Was wäre, wenn eine DNA-Sequenz entstünde, die für ein Protein kodiert, das seinen eigenen Code repliziert und zufällig irgendwo anders in der DNA neu einbaut? Einen Augenblick mal: Jetzt gerade haben wir zwei Kopien davon. Sobald die sich verdoppeln haben wir vier, dann acht und bevor ich mich versehe, werde ich vor lauter Egoismus platzen! Nun, sehen wir es mal so: es gibt einen guten Grund dafür, dass der erdrückende Großteil unserer DNA auch platt "Schrott-DNA" genannt wird, da er keinen ersichtlichen Grund für unser Überleben hat. Unser genetischer Bauplan ist voller molekularem Puffermaterial, das ungefähr so aktiv ist, wie eine Stadt um 7 Uhr früh am Neujahrsmorgen. Gleichzeitig muss die Zelle diese Fülle an Nichts aber bei jeder Teilung mit duplizieren, was Unmengen an Energie kostet. Glücklicherweise gibt es die Evolution und unsere Zellen haben schon lange Verteidigungsmechanismen in der Form weiterer Proteine entwickelt, die solche selbstreplizierenden Elemente erkennen und deaktivieren.

Deine zellulären Mechanismen sind aber nicht der einzige Grund dafür, dass deine DNA nicht komplett dem Eigennutz verfällt. Falls diese genetischen Parasiten ihren Wirtsorganismus nämlich zu sehr belasten würden, würde dieser schlicht aussterben, weil er in Darwins berühmtem "Kampf ums Dasein" nicht bestehen könnte. Diese Tatsache wirft uns das Wort 'Evolution' förmlich an die Rübe. Denn sobald der Wirtsorganismus ausstirbt, vergeht auch die eigennützige DNA, die das Aussterben selbst verantwortet hat. Wahrscheinlich ist das sogar unzählige Male passiert und wird immer weiter passieren. Allerdings können wir nur diejenigen genetischen Parasiten überhaupt entdecken, die gerade so die zelluläre Abwehr überlisten, aber gleichzeitig dem Wirt nicht so sehr schaden, dass er sie mit in die Bedeutungslosigkeit reißt. Darüber hinaus ist das zufällige Einfügen eigennütziger Elemente in einer Art vermutlich selbst ein Antrieb der Evolution, da alte Gene zerstört werden und neue entstehen können. All das demonstriert uns eindrucksvoll, dass die Evolution keine triviale Spielregel ist, an die sich Tiere und Pflanzen zu halten haben. Evolution ist das Konzept, das alles beeinflusst und überhaupt hervorbringt, was sich verändern und mehr von sich selbst machen kann. Das reicht in der Tat von komplexen Organismen, wie Tieren und Pflanzen, über Viren, die wir noch nicht einmal als lebendig betrachten würden, bis hin zu einfachen Molekülen.

Ist deine DNA also eigennützig? Und macht dich das ferner zu einem egoistischen Menschen? Natürlich nicht! Wie immer sind wir Menschen nur unerreicht darin, unser Denken dem Universum aufzuzwingen. DNA denkt im Traum nicht daran, anderen Organismen zu schaden und denkt auch nicht nur an sich selbst - sie denkt gar nicht. Genauso ist auch ein Virus nicht böse, weil er einen Organismus infiziert und repliziert wird - Viren haben ungefähr so viel mentale Kapazität und ethischen Sinn, wie die Staubkörner auf deinem Monitor. Irgendwann in der Geschichte des Lebens auf der Erde sind sowohl eigennützige DNA, als auch Viren schlicht aufgrund von ein paar zufälligen Mutationen (und einer Unmenge an weiteren Dingen hinter der Kulisse) entstanden und haben im Sinne der Evolution eben funktioniert. Nein, deine DNA ist nicht eigennützig. Sie fährt einfach nur fort, zu 'sein'.

2 Antworten auf „Selfishness is in your DNA“

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